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Grenzen setzen und Verantwortung übernehmen

Eva hat ihr FSJ in der Schule im FiLB in Gütersloh geleistet

Eva ist 21 Jahre alt und hat ihr FSJ an der Schule im FiLB, einer Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung in Gütersloh gemacht. Im Interview erzählt sie uns, was ihr besonders an ihrer Arbeit gefallen hat, an welchen Herausforderungen sie gewachsen ist und wie ihr das FSJ bei der Berufsorientierung geholfen hat.

Wie bist du zu deinem Freiwilligendienst gekommen?

Ich habe nach dem Abitur eine Möglichkeit gesucht, mich praktisch auszuprobieren und Berufserfahrung zu sammeln, bevor ich blind irgendein Studium beginne. Ich weiß von mir selbst, dass ich gerne im sozialen Bereich tätig bin und habe schon vorher ehrenamtlich mit verschiedenen Bezugsgruppen gearbeitet, vor allem mit Kindern und Jugendlichen. Dann habe ich mich erkundigt, welche Möglichkeiten es gibt, an eine Förderschule zu gehen, weil ich es spannend fand, ein ganz anderes Schulkonzept kennenzulernen. Ich habe mich in meinem Bekanntenkreis umgehört und durch meine ehrenamtliche Arbeit habe ich dann eine Person kennengelernt, die als Pädagogin an der Schule gearbeitet hat und mir gesagt hat, dass sie immer auf der Suche nach FSJler*innen sind. Und dann war ich ein Jahr lang ihre Kollegin.

Warum hast du dich für deine Einsatzstelle entschieden?

Ich wollte etwas Neues ausprobieren, mich in diesem Jahr neu erleben und weiterentwickeln und sehen, wie andere soziale Systeme in der Arbeitswelt sind. Gerade das FiLB ist als Förderschule etwas ganz Besonderes. Die Schule im FiLB fängt ab der 11. Klasse an und geht bis zur 13. Klasse und der Schwerpunkt liegt auf beruflicher Weiterbildung und Lebenspraxis. Und das fand ich cool und besonders und wollte mir das mal anschauen. Dann habe ich zwei Tage dort hospitiert und konnte das Kollegium kennenlernen. Die haben mich alle sehr herzlich aufgenommen und so hatte ich ein gutes Gefühl, dort anzufangen.

Was waren deine Aufgaben im FSJ?

In der Schule gibt es immer eine Handvoll Schüler*innen, die eine individuelle Förderung brauchen, um gut am Unterricht und an den Aktivitäten teilnehmen zu können. In meinem Fall waren das einige, die Schwierigkeiten mit der Selbstständigkeit hatten. Ich bin mit den Schüler*innen im Unterricht gewesen und habe auch in den Pausen viel Zeit mit ihnen verbracht. Ich war immer da, um sie im sozialen Bereich oder bei einzelnen Arbeitsschritten zu unterstützen. Außerdem habe ich grundlegende pflegerische Tätigkeiten übernommen, wie zum Beispiel die Begleitung auf die Toilette.

Da ein Schwerpunkt der Schule auf dem Erlernen der Lebenspraxis liegt, gab es jedes Halbjahr die Möglichkeit für die Schüler*innen, das Alleine-Wohnen zu üben. In einer Trainingswohnung haben die Schüler*innen dann mit den Pädagog*innen in der Schule übernachtet. Das war auch ein großer Arbeitsbereich von mir, weil ich dann die ganzen vier Tage durchgehend dabei war. Das war eine tolle Erfahrung, weil man auch Ausflüge gemacht hat. Das Projekt hat viel Abwechslung in die Arbeit gebracht.

Was hat dir besonders gut an deiner Arbeit gefallen?

Zum einen die Vielseitigkeit. Diese Vielseitigkeit wird gerne unterschätzt, weil die Bezugsgruppe oft auf Strukturen und Routinen angewiesen ist, die sich nicht so stark verändern sollten. Aber dadurch, dass jeder Schüler und jede Schülerin sehr individuell in den eigenen Bedürfnissen ist, hat man viel Abwechslung, weil man sich darauf einstellen muss. Ich persönlich finde das total spannend und konnte mich dadurch immer weiterentwickeln. Und die Tätigkeiten sind so, dass man auf jeden Fall viel Bewegung im Alltag hat. Man geht spazieren oder einkaufen und auch die Arbeitsbereiche sind sehr abwechslungsreich. In der Hauswirtschaft wird viel gekocht und Wäsche gewaschen. Dann war ich in der Montage und da wurde viel gewerkelt.

Was ich unbedingt erwähnen muss, ist, wie gut mir die Zusammenarbeit mit dem Kollegium gefallen hat! Dass ich gemerkt habe, die Leute, mit denen ich gearbeitet habe, die kommen wirklich gerne zur Arbeit! Vielleicht spricht das nur für das FiLB oder generell für Förderschulen, aber die bringen eine Motivation mit, die ansteckend war. Da konnte ich sehr viel mitnehmen, weil ich mich selbst total inspiriert gefühlt habe. Ich wurde immer sehr aufgefangen, wenn ich Probleme hatte und ich habe mich nie alleine damit gefühlt. Aber es war auch immer Zeit zwischendurch, um Spaß und eine schöne Atmosphäre miteinander zu haben. Diese gute Stimmung überträgt sich dann auch auf die Schüler*innen.

Was sind Herausforderungen, mit denen du in deinem Freiwilligendienst umgehen musstest?

In meinem FSJ musste ich lernen, Grenzen zu setzen, die mir in der Zusammenarbeit mit den Schüler*innen gut tun und für mich wichtig sind. Da die Schule aus der Oberstufe besteht, sind die Schüler*innen in einem ähnlichen Alter wie man selbst. Ich habe beobachtet, wie authentisch die Menschen sind, wenn sie sie selbst sind, also wie stark sie die Emotionen ausdrücken, die sie haben. Das kann total positiv sein, das kann aber auch negativ sein. Wenn man damit konfrontiert wird, zum Beispiel mit sehr viel Zuneigung, dann ist das erst einmal etwas sehr Schönes und Wertvolles für die gemeinsame Arbeit, aber es bedeutet auch, Grenzen zu setzen und ein gutes Verhältnis von Nähe und Distanz zu finden, das man für eine gesunde Arbeitsbeziehung braucht. Das war für mich neu und am Anfang fiel mir dieses Grenzen setzen schwer, weil ich niemandem Ablehnung zeigen wollte. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sehr wertvoll sein kann, diese Grenzen aufzuzeigen. Letztendlich war es immer ein Erfolgserlebnis und hat das Miteinander in dem Rahmen, wie wir ihn hatten, gestärkt.

Es war generell eine gute Erfahrung zu lernen, wie es ist, ein Arbeitsleben zu haben, wo die persönlichen Grenzen und Bedürfnisse sind und wie man darauf Rücksicht nehmen kann. Dafür war das FSJ ein großes Lernfeld, weil mir immer die Hand gereicht wurde. Ich hatte so viele Menschen um mich herum, die mich immer gefragt haben, ob die Situation für mich noch in Ordnung ist und mir Tipps gegeben haben, wie ich mit Krisensituationen umgehen kann. Insofern hat mir diese Auseinandersetzung sehr geholfen, weil ich damit nicht alleine war. Ich habe gemerkt, dass ich die Verantwortung übernehmen kann und dass ich stark genug dafür bin.

Was hast du in deinem Freiwilligendienst gelernt?

Ich habe auf jeden Fall gelernt, dass ich diese Verantwortung tragen kann, dass ich mich auf mich selbst verlassen kann. Und ich habe sehr viel gelernt, indem ich immer wieder Fragen gestellt habe. Am Anfang habe ich mich oft nicht getraut, aber irgendwann habe ich das mehr gemacht und das war so hilfreich, um zu verstehen, wie Pädagog*innen arbeiten und wie weit die Planung geht und wie eine Zusammenarbeit funktioniert.

Insgesamt nehme ich aus meinem FSJ mit, dass ich diese Arbeit mein Leben lang machen möchte. Ich fange jetzt an Sonderpädagogische Förderung zu studieren, damit ich später als Lehrerin an einer Förderschule arbeiten kann und nicht mehr als FSJlerin. Das ist ein großes Geschenk, denn diese Gewissheit gibt mir viel berufliche Sicherheit.

Neben der beruflichen Perspektive, die ich durch das Jahr bekommen habe, konnte ich auch Kontakte knüpfen, auf die ich jederzeit zurückgreifen kann. Wenn ich während des Studiums Rückfragen habe, wären meine Kolleg*innen aus dem FSJ sehr offen, mir dabei zu helfen.

Inwiefern hat dich das DRK als Träger in deinem Freiwilligendienst unterstützt?

Das DRK war immer dann präsent für mich, wenn wir unsere Seminarwochen hatten. Darüber hinaus gab es für mich keine Anliegen oder Probleme, bei denen ich die Unterstützung des DRK gebraucht hätte. Die Seminarwochen waren immer super! Die Möglichkeit, sich mit anderen FSJler*innen austauschen zu können, war sehr cool, weil ich dadurch noch mehr Berufswelten kennengelernt und enge Freundschaften geschlossen habe. Wir konnten uns immer sehr gut gegenseitig unterstützen, wenn wir Probleme hatten. Die Seminarwochen waren immer eine tolle Zeit, um aus dem Alltag herauszukommen und die Arbeit zu reflektieren. Außerdem fand ich unsere Selbstreflexionseinheiten sehr hilfreich, das sind Dinge, über die ich manchmal immer noch nachdenke.

Was würdest du Interessierten und zukünftigen Freiwilligen raten?

Auf jeden Fall einen Freiwilligendienst zu machen! Ich sehe das jetzt am Anfang des Studiums, dass die, die vorher einen Freiwilligendienst gemacht haben, viel sicherer ins Studium gehen. Und auch wenn man nach dem FSJ nicht in den sozialen Bereich geht, ist es sehr wertvoll. Ich habe Freiwillige kennengelernt, die jetzt etwas ganz anderes machen, aber auch die hatten eine richtig gute Zeit mit uns! Allein die Erfahrung eines ganz normalen Arbeitsalltags und die Sicherheit, die man dadurch für sich selbst bekommt, ist schon wertvoll. Man lernt sich durch einen Freiwilligendienst einfach noch einmal ganz anders kennen. Man gewinnt an Selbstvertrauen und lernt, im Team zu arbeiten. Und wenn man dann Lust hat, im sozialen Bereich zu arbeiten, hat man denen, die diese Erfahrung nicht gemacht haben, viel voraus.

"Das FSJ war eine gute Möglichkeit zu lernen, wie es ist, ein Arbeitsleben zu haben, wo die persönlichen Grenzen und Bedürfnisse sind und wie man darauf Rücksicht nehmen kann. Dafür war das Jahr ein großes Lernfeld, weil ich immer Unterstützung erfahren habe und gemerkt habe, dass ich die Verantwortung übernehmen kann.", resümiert Eva ihren Freiwilligendienst.