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Von Unsicherheit zu Selbstvertrauen

Merle hat ihr FSJ in der LWL-Klinik in Münster geleistet

Merle ist 19 Jahre alt, kommt auch Senden und hat ihren Freiwilligendienst auf der Station 16.1. in der LWL-Klinik in Münster gemacht. Im Interview erzählt sie uns von ihrem Arbeitsalltag und wie sich in der Arbeit mit psychisch kranken Menschen immer mehr zugetraut hat.

Wie bist du zum Freiwilligendienst gekommen?

Ich bin tatsächlich einfach nicht ins Studium reingekommen und dann hat mir meine Tante vorgeschlagen, ein FSJ zu machen. Ich habe mich informiert und schließlich den Tipp mit der LWL-Klinik bekommen. Dort habe ich angerufen, wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen und dann hat sich alles ergeben.

Warum hast du dich für eine Psychiatrie als Einsatzstelle entschieden?

Meinen ersten Kontakt mit Psycholog*innen hatte ich durch Krankenhausserien, da waren sie immer super! Dann war ich ein halbes Jahr im Ausland und hatte dort Psychologie als Fach, das fand ich total spannend. Daher kam mein Wunsch Psychologie zu studieren. Ein FSJ in der Psychiatrie kann einen gut darauf vorbereiten, weil man schon weiß, womit man es zu tun hat. Ich war auf der Station 16.1., das ist eine geschützte allgemeinpsychiatrische Station mit dem Schwerpunkt Suizidalität. Die Patient*innen hatten Diagnosen wie Borderline, Psychosen, Schizophrenien oder Depressionen.

Was waren deine Aufgaben?

Hauptsächlich mit den Leuten reden, die Türen der geschützten Station aufschließen und die Patient*innen zum Ausgang und in den Garten begleiten. Ich habe Wasserflaschen und Rasierer ausgegeben und manchmal habe ich auch einen Tagesurlaub begleitet oder bin zu Arztterminen mitgegangen. Außerdem habe ich einer Person immer beim Duschen geholfen.

Was hat dir besonders gut gefallen an deiner Arbeit?

Die Kolleg*innen waren super! Außerdem habe ich viel über die Krankheitsbilder und den Umgang damit gelernt. Ich bin jetzt aufgeklärter, man hat immer Vorurteile, auch wenn man denkt, dass man keine hat. Man lernt, mit Menschen und Krankheiten umzugehen. Am Anfang hatte ich große Angst, weil es eine geschützte Station ist, aber ich wurde langsam an die verschiedenen Patient*innen und Krankheitsbilder herangeführt. Am Anfang wurde ich eher mit den einfacheren Patient*innen zusammengesetzt, aber am Ende habe ich mich auch getraut mit Leuten zu reden, die gerade eine Psychose hatten.

Mit welchen weiteren Herausforderungen musstest du während deines Freiwilligendienstes umgehen?

Am Anfang wusste ich nicht, wie ich mit den Patient*innen umgehen soll. Bei Psychosen darf man zum Beispiel nicht dagegen reden, weil das kontraproduktiv ist. Für sie ist das jetzt ihre Realität und man muss sich darauf einlassen. Das fand ich schwierig und das musste mir auch ein paar Mal erklärt werden. Teilweise hatte ich Respekt vor den Patient*innen, zum Beispiel sollte ich sie wecken, aber die wollten gerade schlafen, dann schreien die einen auch schon mal an. Aber ich habe immer gute Unterstützung von den Kolleg*innen bekommen, wenn ich mich mit etwas unwohl gefühlt habe.

Was hast du in deinem Freiwilligendienst gelernt?

Dass die Welt nicht so schön ist, wie sie auf den ersten Blick scheint? Dass ich mich sehr glücklich schätzen kann, nicht an solchen Krankheiten zu leiden. Und dass es auch Menschen wie dich und mich treffen kann. Jeder kann eine Psychose bekommen und das muss nichts mit Drogen zu tun haben, das kann einfach so passieren. Generell habe ich mehr Respekt vor den Menschen bekommen. Und natürlich habe ich den Arbeitsalltag kennengelernt, an eine Vollzeitwoche muss man sich erst gewöhnen.

Wie hast du das DRK als Träger deines Freiwilligendienstes wahrgenommen?

Ich musste die Unterstützung kaum in Anspruch nehmen, da ich keine Probleme hatte und mit meinem Freiwilligendienst sehr zufrieden war. Die Seminare haben mir immer gut gefallen, ich hatte das Gefühl, dass sie sehr gut organisiert waren.

Hast du schon Pläne oder Ideen, was du nach deinem Freiwilligendienst machen möchtest?

Ich werde in Enschede Psychologie studieren. Dann werde ich sehen, was ich damit mache. Vielleicht Psychotherapie, aber das ist ein bisschen schwierig mit dem Studium in den Niederlanden, also vielleicht etwas wie Sporttherapie. Auf jeden Fall möchte ich etwas mit Menschen machen!

Hast du Tipps für Interessierte und zukünftige Freiwillige?

Ich finde es sehr sinnvoll, ein FSJ zu machen, bevor man in eine psychologische oder auch medizinische Richtung geht, weil man durch ein FSJ einen guten Einblick in den Bereich bekommt. Dann weiß man, was auf einen zukommt und kann sich informiert dafür entscheiden.

"Ich habe viel über die Krankheitsbilder der Psychiatrie gelernt. Ich bin jetzt viel aufgeklärter, konnte meine Vorurteile abbauen und habe gelernt, wie man mit Menschen und Krankheiten umgeht", fasst Merle zusammen, was sie von ihrem Freiwilligendienst mitgenommen hat.